Die Formel 1 ist eine Welt der glanzvollen Triumphe, der gefeierten Helden und der legendären Teams. Doch abseits des Rampenlichts existieren auch Geschichten von Projekten, die mit großen Ambitionen starteten, aber schnell wieder in Vergessenheit gerieten. Eine dieser Geschichten ist die von Asiatech, einem Motorenhersteller, der zu Beginn der 2000er-Jahre einen kurzen, aber intensiven Auftritt in der Königsklasse des Motorsports hatte. Asiatech war kein eigenständiges Rennteam im herkömmlichen Sinne, sondern eine Firma, die mit dem klaren Ziel antrat, die Formel 1 von Grund auf zu erobern – von der Motorenlieferung bis hin zum eigenen Chassis.
Die Geburt eines ehrgeizigen Projekts
Die Ursprünge von Asiatech reichen bis in das Jahr 2000 zurück. Damals hatte der französische Automobilkonzern Peugeot beschlossen, sein Formel-1-Engagement nach sieben sieglosen Jahren zu beenden. Das Unternehmen Asia Motor Technologies (AMT), gegründet von Dr. John Gano und Enrique Scalabroni, kaufte daraufhin das gesamte Formel-1-Programm von Peugeot auf. Dieses Programm umfasste nicht nur das geistige Eigentum und die Designs der V10-Motoren, sondern auch die gesamte Infrastruktur und das Know-how des französischen Unternehmens. Die Motivation hinter diesem Schritt war klar: AMT wollte sich in der Formel 1 etablieren, zunächst als Motorenlieferant, mit der langfristigen Vision, ein eigenes Team aufzubauen.
Das Projekt von Asiatech war von Anfang an von einem gewissen Geheimnis umgeben. Gerüchte machten die Runde, dass Peugeot selbst hinter dem neuen Unternehmen steckte und Asiatech als Deckmantel nutzte, um sich in Ruhe auf eine mögliche Rückkehr vorzubereiten. Eine ähnliche Strategie hatte zuvor auch schon Renault mit dem Motorenprojekt Supertec verfolgt. Diese Spekulationen wurden durch die Tatsache befeuert, dass Asiatech seinen Motorenpartnern die Aggregate kostenlos zur Verfügung stellte – eine ungewöhnliche und kostspielige Geste in einem Geschäft, das von Millionendeals geprägt war.
Asiatech und die F1-Saisons 2001 und 2002
In der Saison 2001 trat Asiatech erstmals in der Formel 1 in Erscheinung. Sie lieferten ihre als Asiatech 001 V10 bezeichneten Motoren an das britische Arrows-Team. Die Saison war jedoch von Schwierigkeiten geprägt. Die Motoren, die im Wesentlichen auf dem Peugeot-Aggregat des Jahres 2000 basierten, litten unter mangelnder Zuverlässigkeit. Obwohl Asiatech kontinuierlich an der Weiterentwicklung der Motoren arbeitete, reichte die Leistung nicht aus, um Arrows entscheidend nach vorne zu bringen. Die besten Ergebnisse waren ein sechster Platz von Jos Verstappen in Österreich und ein achter Platz von Enrique Bernoldi in Deutschland. Am Ende der Saison trennten sich die Wege, und Arrows entschied sich für einen Wechsel zu Cosworth-Motoren.
Für die Saison 2002 fand Asiatech einen neuen Partner: das italienische Team Minardi. Die Partnerschaft erwies sich als die erfolgreichste Phase für Asiatech. Minardi erhielt den weiterentwickelten Asiatech AT02 V10-Motor, der sich als deutlich zuverlässiger und leistungsstärker erwies. Der australische Fahrer Mark Webber nutzte die Gelegenheit, um bei seinem Heim-Grand-Prix in Melbourne mit einem beeindruckenden fünften Platz zwei WM-Punkte zu holen – die ersten und einzigen Punkte für das Asiatech-Projekt. Auch wenn Minardi in der Folge keine weiteren Punkte einfahren konnte, war der Asiatech-Motor eine solide Basis, die es dem Team ermöglichte, in einigen Rennen mit der Konkurrenz mitzuhalten.
Die ambitionierten Pläne eines eigenen Teams und das jähe Ende
Parallel zur Motorenlieferung verfolgte Asiatech seine Vision, ein vollwertiges Formel-1-Team zu werden. Das Unternehmen erwarb die ehemaligen Fabrikanlagen des Williams Touring Car Teams im englischen Didcot und stellte dort eine eigene technische Abteilung auf. Unter der Leitung von Scalabroni begannen die Ingenieure mit der Entwicklung eines eigenen Chassis. Ein Windkanalmodell des geplanten Wagens, des Asiatech A-001, wurde sogar auf dem Grand Prix von Italien 2002 präsentiert, um potenziellen Investoren und Partnern die Ernsthaftigkeit des Projekts zu demonstrieren.
Es gab Spekulationen über eine Übernahme von Jordan Grand Prix oder eine Zusammenarbeit mit Benetton, aber keine dieser Pläne materialisierte sich. Trotz der technologischen Fortschritte und der öffentlich demonstrierten Ambitionen waren die finanziellen Fundamente des Projekts alles andere als stabil. Das kostenlose Anbieten von Formel-1-Motoren war auf Dauer nicht tragbar, und Asiatech konnte die notwendigen Gelder, um in die nächste Phase überzugehen und ein eigenes Team zu gründen, nicht auftreiben.
Am Ende der Saison 2002 war die Geschichte von Asiatech in der Formel 1 besiegelt. Mit keinem Motorenkunden für das kommende Jahr und einem massiven Finanzloch wurde die Entwicklung des A-001-Chassis und des neuen Motors Asiatech 003 V10 eingestellt. Das Unternehmen meldete Insolvenz an und stellte am 31. Oktober 2002 seinen Betrieb ein. Die Anlagen und das gesamte Inventar, einschließlich der unbenutzten V10-Motoren, wurden im Februar 2003 bei einer Auktion in Paris versteigert.
Fazit
Asiatech bleibt als ein faszinierendes, wenn auch kurzlebiges Kapitel in der Formel-1-Geschichte in Erinnerung. Das Unternehmen zeigte, dass der Einstieg in die Königsklasse mit technischem Know-how und strategischem Denken möglich ist. Doch die Geschichte demonstrierte auch, dass ohne die nötige finanzielle Stärke selbst die größten Ambitionen zum Scheitern verurteilt sind. Mit insgesamt 33 Rennstarts und drei gesammelten WM-Punkten war die Ära von Asiatech zwar nur ein kurzer Moment in der langen Geschichte der Formel 1, aber sie steht als Mahnmal für die immense Herausforderung, sich in der Spitze des Motorsports zu behaupten.
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