Die Welten der Formel 1 und des Fußballs, zwei der größten globalen Sportphänomene, rücken immer enger zusammen. Was einst als gelegentliche Marketing-Aktion begann, hat sich zu tiefgreifenden strategischen Allianzen entwickelt, die von gemeinsamen Eigentümern, milliardenschweren Investitionen und visionären Zukunftsprojekten geprägt sind. Diese Konvergenz ist mehr als nur ein Trend; sie ist ein Spiegelbild der modernen Sportindustrie, in der Marken, Medien und Kapital über die Grenzen traditioneller Disziplinen hinaus verschmelzen.
Der Fußball bietet mit seiner unvergleichlichen globalen Reichweite eine riesige und leidenschaftliche Fangemeinde. Die Formel 1 hingegen steht für technologische Innovation, Luxus und globalen Glamour. Die Verbindung dieser beiden Welten schafft eine faszinierende Synergie, die weit über das bloße Sponsoring hinausgeht.
Die Anfänge: Logotausch und Cross-Promotion
Eine der ersten prominenten Kooperationen war die Partnerschaft zwischen dem Sauber F1 Team und dem englischen Premier-League-Club Chelsea FC im Jahr 2012. Diese Allianz war ein klassisches Beispiel für Cross-Promotion. Das Logo des Chelsea FC prangte auf den Sauber-Boliden, während das Sauber-Logo auf den Werbebanden im Stamford Bridge-Stadion zu sehen war. Das erklärte Ziel war es, die globale Reichweite beider Marken zu vergrößern, insbesondere in Asien und Lateinamerika, wo die Formel 1 eine starke Präsenz hatte. Obwohl auch ein Wissensaustausch im Bereich der Sportwissenschaften angestrebt wurde, blieb die Partnerschaft, die bis etwa 2015 andauerte, primär eine aufmerksamkeitsstarke Marketing-Aktion. Sie legte den Grundstein, zeigte aber auch die Grenzen reiner Werbekooperationen auf.
Das Eigentümer-Modell: Wenn F1-Mogule das Spielfeld betreten
Die nächste Stufe der Verbindung wurde durch einflussreiche Persönlichkeiten aus der Formel 1 erreicht, die Fußballvereine erwarben. Ein bekanntes Beispiel ist Tony Fernandes, der einst sowohl das Caterham F1-Team als auch den Londoner Club Queens Park Rangers (QPR) besaß. Trotz des gemeinsamen Eigentümers wurden beide Unternehmen strikt getrennt geführt, und die Synergien beschränkten sich auf vereinzelte PR-Aktionen.
Noch turbulenter war die Ära, in der die F1-Schwergewichte Flavio Briatore und Bernie Ecclestone die Kontrolle über QPR übernahmen (2007-2011). Briatores Versuch, den Verein zu einer „Super-Marke“ umzubauen, führte zu Kontroversen, wie etwa der umstrittenen Änderung des Vereinswappens. Diese Phase zeigte, dass persönliches Engagement allein nicht ausreicht, um nachhaltige Synergien zu schaffen, und oft eher von den individuellen Interessen und dem Führungsstil der Eigentümer geprägt ist.
Die Konglomerat-Strategie: Der Aufbau von Sport-Imperien
Die tiefste Form der Integration findet sich im Konglomerat-Modell, bei dem ein Mutterkonzern Teams in verschiedenen Sportarten besitzt und sie als Teil einer übergeordneten Strategie führt.
Red Bull: Das Marketing-Ökosystem
Red Bull hat das Sportsponsoring neu definiert, indem es vom Sponsor zum Eigentümer wurde. Das Unternehmen besitzt zwei Formel-1-Teams (Oracle Red Bull Racing und Visa Cash App Racing Bulls) sowie ein globales Netzwerk von Fußballvereinen, darunter RB Leipzig und Red Bull Salzburg. Jedes Team dient als Marketingplattform, um die Markenidentität von Red Bull – Energie, Abenteuer und Erfolg – zu transportieren und letztlich den Verkauf des Energydrinks zu fördern. Diese Strategie ist äußerst erfolgreich, führt aber auch zu Kontroversen, wie der Debatte über die enge Zusammenarbeit der beiden F1-Teams, die von Konkurrenten als unfairer Vorteil angesehen wird.
INEOS: Der Performance-Ansatz
Der Petrochemie-Riese INEOS verfolgt eine andere Philosophie. Als Drittel-Eigentümer des Mercedes-AMG PETRONAS F1 Teams und Besitzer von Fußballvereinen wie OGC Nizza und seit kurzem auch Miteigentümer von Manchester United, zielt INEOS auf Leistungssteigerung durch Wissensaustausch ab. Die Partnerschaft mit dem Mercedes-F1-Team wird als „Leistungspartnerschaft“ bezeichnet, deren Erkenntnisse in den Bereichen Datenanalyse, Ingenieurwesen und Hochleistungskultur auf die anderen Sport-Assets übertragen werden sollen. Hier geht es weniger um direktes Produktmarketing als um den Aufbau einer Marke, die für Exzellenz und technologische Überlegenheit steht.
Das Investoren-Syndikat: Hollywood trifft auf die Startaufstellung
Das neueste Modell wird durch eine Gruppe von Investmentfirmen und prominenten Persönlichkeiten repräsentiert, die Anteile an F1-Teams erwerben. Ein Paradebeispiel ist die Investition von 200 Millionen Euro in das Alpine F1 Team im Jahr 2023, die dem Team eine Bewertung von rund 900 Millionen US-Dollar einbrachte.
Das Konsortium wird von Firmen wie RedBird Capital Partners (Eigentümer von AC Mailand und Toulouse FC) und Maximum Effort Investments angeführt, letztere geleitet von den Hollywood-Schauspielern Ryan Reynolds und Rob McElhenney. Reynolds und McElhenney haben mit ihrer erfolgreichen Übernahme des walisischen Fußballvereins Wrexham AFC bewiesen, wie man durch fesselndes Storytelling den Wert eines Sport-Assets massiv steigern kann.
Diese Strategie wird nun auf die Formel 1 übertragen. Das Alpine-Team wird als unterbewertetes Content-Asset betrachtet, dessen Wert durch eine überzeugende Erzählung und das Netzwerk der prominenten Investoren gesteigert werden soll. Zu den Investoren gehören auch aktive Sportstars wie der Liverpool-Spieler Trent Alexander-Arnold und der ehemalige Manchester-United-Star Juan Mata, was die Verbindung zum Fußball weiter stärkt.
Jenseits der Teams: Die Formel 1 baut an der Zukunft
Ein völlig neuer Ansatz ist die 15-jährige strategische Partnerschaft zwischen der Formel 1 als Organisation und dem Premier-League-Club Tottenham Hotspur. Hier geht es nicht um den Erfolg eines einzelnen Teams, sondern um die langfristige Entwicklung des Motorsports. Kernstück der Allianz ist der Bau der weltweit ersten In-Stadion-Elektro-Kartbahn unter dem Tottenham Hotspur Stadium.
Gemeinsam wird eine Fahrerakademie entwickelt, um neue Talente zu fördern und Karrieremöglichkeiten im Motorsport für unterrepräsentierte Gruppen zu schaffen.
Diese Partnerschaft ist eine strategische Investition in die Basis des Sports, um die nächste Generation von Fans, Fahrern und Ingenieuren zu kultivieren und die Formel 1 einem breiteren und vielfältigeren Publikum zugänglich zu machen.
Ein Blick in die Zukunft
Die Verbindung von Formel 1 und Fußball hat sich von einfachen Marketing-Gesten zu einer strategischen Notwendigkeit entwickelt. Angetrieben durch den Wandel im Medienkonsum, den Erfolg von Doku-Serien wie „Drive to Survive“ und die zunehmende Finanzialisierung des Sports, werden die Grenzen zwischen den Disziplinen weiter verschwimmen.
Wir können erwarten, dass weitere Investoren-Syndikate F1-Teams als Medien-Assets betrachten werden. Konglomerate wie INEOS werden versuchen, den Nachweis für konkrete Leistungstransfers zu erbringen – etwa durch die Anwendung von F1-Datenanalysen zur Leistungssteigerung bei Manchester United. Die Zukunft liegt in der gemeinsamen Nutzung von Technologie, Daten und Storytelling, um auf einem globalen Markt relevant zu bleiben. Die einst getrennten Welten von Rennstrecke und Rasen wachsen zu einem einzigen, hochdynamischen Spielfeld zusammen.
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